Gedruckt oder online?

Seit Einzug der Digitalisierung ins Marketing diskutieren Werbetreibende, wie Zielgruppen besser zu erreichen sind. Was angesichts des Hypes und der scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten der Online-Werbung wie ein Kampf zwischen David und Goliath zu sein scheint, sieht bei genauer Betrachtung und in der Praxis überraschend anders aus.  „Printwerbung bringt doch nichts mehr.“ Wie oft wurde dem gedruckten Medium seit Einzug der Digitalisierung schon der Tod vorausgesagt.

Kein Wunder: Online sind Menschen schließlich quasi immer und überall zu erreichen. Das Smartphone ist immer präsent, die Informationen fließen in Echtzeit. Und über soziale Netzwerke wie Facebook, Instagram oder Twitter sind wir ständig in Verbindung. Onlineshops, Social-Media-Marketing, Austausch in Communities und vor allem exakte Erfolgsmessung und Datenerhebung: Das alles sind Möglichkeiten digitaler Kundenkommunikation, die analog in dieser Form nicht möglich sind. Hohe Aktualität und Reichweite, zu vergleichsweise günstigen Kosten, machen digitale Kundenkommunikation enorm attraktiv, wenn es um die Überlegung geht, wohin das Marketingbudget eines Unternehmens fließen soll.

Totgesagte leben länger

Statistiken darüber, wie hierzulande Menschen Werbung konsumieren, lassen darauf schließen, dass trotz aller digitalen Möglichkeiten das Printprodukt als Werbemedium durchaus lebendig ist. So lesen laut einer Erhebung des Bundesverbands Druck und Medien 74 Prozent der Menschen gedruckte Werbemailings. Dass sie Werbung auf Papier sogar tatsächlich mögen, sagen 40 Prozent der Befragten. Dagegen begrüßen nur 22 Prozent die Online-Werbung, die ihnen digital zugespielt wird. Deutsche Unternehmen geben 3,4 Milliarden für gedruckte Werbemittel wie Kataloge, Flyer, Kundenmagazine aus – Tendenz steigend.

Gut gemachte Druckmedien sind bezüglich ihrer Lebensdauer im Vorteil: Sie werden aufgehoben, erneut angeschaut und weitergegeben.
Gut gemachte Druckmedien sind bezüglich ihrer Lebensdauer im Vorteil: Sie werden aufgehoben, erneut angeschaut und weitergegeben.

Totgesagte leben länger: Noch immer lassen Unternehmen Geschäftsberichte, Flyer und Kundenmagazine drucken. Viele machen ähnliche Erfahrungen wie das Handelsunternehmen Aldi, das ein Sinken der Frequenz in den Filialen beobachtete, als man probierte, auf die Prospekte zugunsten von reiner Digital-Werbung zu verzichten. Selbst reine Online-Shops wie Zalando versenden sogenannte „Magaloge“, eine Mischung aus Magazin und Katalog.

Es gibt gute Gründe, warum gedruckte Werbemittel heute noch relevant sind:

  1. Halbwertszeit

Die Wirkzeit von Online-Aktivitäten ist zumeist wesentlich kürzer als die von Printprodukten. Bei einem Facebook-Post zum Beispiel zeigen Untersuchungen, dass die Halbwertszeit ungefähr bei 3,5 Stunden liegt. Online-Anzeigen verschwinden nach einem Klick. Gut gemachte Druckmedien sind bezüglich ihrer Lebensdauer im Vorteil: Sie werden aufgehoben, erneut angeschaut und weitergegeben. Gedruckte Werbe-Mailings mit Response-Elementen wirken mehrere Tage, bevor dann die Rückläufe erst rund 5 Tage nach Versendung schwächer werden.

  1. Aufmerksamkeit

Scrollen geht quasi nebenbei. Wer aber ein gedrucktes Medium anschaut, macht zumeist nichts anderes. Viele Menschen nehmen sich sogar extra Zeit, um beispielsweise bei einer Tasse Kaffee ein Magazin anzuschauen. Dabei ist auch die Einstellung, mit der jemand Texten und Bildern seine Aufmerksamkeit widmet, eine ganz andere: Wer Printprodukte anschaut, macht es „freiwillig“, und nicht, weil eine blinkende Anzeige ihm auf dem Bildschirm kurz die Sicht versperrt.

Viele Menschen nehmen sich sogar extra Zeit, um beispielsweise bei einer Tasse Kaffee ein Magazin anzuschauen.
Viele Menschen nehmen sich die Zeit, um bei einer Tasse Kaffee ein Magazin anzuschauen.
  1. Multisensorik

Untersuchungen gehen davon aus, dass bedrucktes Papier einen größeren Einfluss auf Menschen hat, da es mehrere Sinne anspricht: Über das Sehen nehmen wir Bilder, Farben oder Glanz wahr. Unser Tastsinn wird angesprochen, da das Papier, die Struktur oder Prägungen das gedruckte Werbemittel auch zu einem haptischen Erlebnis machen. Das Geräusch beim Blättern spricht unser Gehör an. Druckerfarben oder Glanzlacke können wir riechen. Und ein veredeltes Printprodukt, vielleicht mit einem speziellen Duftlack, weckt über die Nase unsere Emotionen und Assoziationen. So sind wir mit allen Sinnen dabei!

Olaf Hartmann, Geschäftsführer des Multisense Instituts für multisensorisches Marketing, erklärt es so: „Wir wissen, dass mit jedem zusätzlich genutzten Sinn für die Übermittlung meiner Botschaft die Gehirnaktivität um 1000 Prozent steigt. Die Haptik spielt dabei eine besonders wichtige Rolle. Was wir länger berühren, erscheint uns automatisch als wertvoller!“ Wertvoller. Das bringt uns zum nächsten Punkt:

  1. Prestige und Vertrauen

„Das Einzige, das uns in der digitalen Welt von anderen abhebt, ist das gedruckte Produkt“, sagt Marketingexperte Andrew Davis. In der Flut der elektronischen Informationen steigt gefühlt der Wert der Printmedien. Es sendet indirekt die Botschaft: Hier hat jemand Geld in die Hand genommen und etwas fertigen lassen – also muss es wichtig sein! Und vertrauenerweckend: In einer Untersuchung der European Commission gaben 60 Prozent der Befragten in Deutschland an, dass sie Printmedien für vertrauenswürdig halten.

Kundenmagazine sind das Paradebeispiel für ein Medium, für das sich viele aus den oben genannten Gründen in der Print- statt der Online-Variante entscheiden. In einer Studie von Freeport Press zeigte sich, dass 41 Prozent lieber die Printausgabe lesen. Lediglich 27 Prozent nutzen die digitale Version.

Mit Print den Unterschied machen

Ein Unternehmer, der aus Überzeugung auf ein gedrucktes Kundenmagazin setzt, ist Martin Grebe, Inhaber des Teppich Wasch Center Grebe e. K. „Mit einem Kundenmagazin habe ich die Möglichkeit, auf elegante und langfristige Weise Informationen zu streuen, die sonst nie beim Verbraucher ankämen. Denn meine Kunden sind schließlich keine Reinigungsprofis“, so Grebe. Er hält ein Printprodukt für geeigneter, da es die Wertigkeit seines Handwerks und seiner Dienstleistung unterstreicht. Er habe die Erfahrung gemacht, dass diese Investition ihm hilft, sich von der Konkurrenz abzuheben – ein wichtiges Argument auch im Hinblick auf den Fachhandel, wo er inklusive seiner Kontaktdaten buchstäblich greifbar in Form des Magazins in Erinnerung bleibt.

Die Seriosität eines gedruckten Produktes sieht der Textilreinigungsmeister und Sachverständige Grebe als wichtiges Instrument: „Immer noch sind zwielichtige Anbieter im Bereich der Teppichreinigung unterwegs“, berichtet er. „Das verunsichert die Verbraucher. Wenn der Fachhandel dann einen seriösen Dienstleister empfehlen kann, indem er dem Kunden unser Magazin in die Hand gibt, ist das natürlich ebenfalls eine vertrauensbildende Maßnahme.“ Damit das wirklich gelingt, ließ er sein neues Kundenmagazin von einer in Sachen Print-Magazinen erfahrenen Agentur machen. So wie es in der Textilreinigung einen Profi braucht, müssten auch Marketingprofis Inhalt und Gestaltung eines Magazins übernehmen.

Muss es ein entweder oder sein?

Bei der letztendlichen Entscheidung, wofür das Marketingbudget eingesetzt werden soll, ist ein „sowohl als auch“ oft die beste Entscheidung. Wenn beispielsweise verschiedene Ziel- oder Altersgruppen angesprochen werden sollen, die auf unterschiedlichen Wegen zu erreichen sind. Mit einer Kombination erreichen Werbetreibende die Konsumenten ihrer Wahl mit unterschiedlichen Präferenzen.

Die Zukunft liegt in einer optimalen Verbindung von Online- und Offline-Kommunikationskanälen, einer intelligenten Verknüpfung von Printprodukten und digitalem Marketing. Ein gedrucktes Mailing mit QR-Code, ein Kundenmagazin, das auf die Webseite mit aktuellen Aktionen hinweist, eine Broschüre, die auch zum Besuch der Social-Media-Kanäle einlädt, oder die Online-Anzeige, die den Weg für den bald erscheinenden Prospekt ebnet: Offline lassen sich viele Kunden auch zu online motivieren und Online-Präsenz macht neugierig auf gedruckte, reichhaltigere Information.

Die Zahl der Kontaktpunkte mit dem Kunden vergrößert sich auf abwechslungsreiche Art und Weise. Kurzum: Print und Online haben unterschiedliche Stärken. Wer diese geschickt zu kombinieren weiß, macht sein Marketing effizient und erfolgreich.

Text: Mareike Neumayer

Fotos: Voyagerix / fotofabrika / benjamas / Adobe Stock