Am Anfang war das Waschbrett

Wenn ein Buch mit so viel Liebe entsteht, ergibt sich Wort für Wort fast von allein – vom Fleiß und Zeitaufwand einmal abgesehen. Wenn es darum geht, Wissen und Leidenschaft zu teilen, statt auf einer Bestsellerliste zu landen, darf es gern im O-Ton geschrieben sein und braucht vielleicht nur noch ein paar Korrekturen. Und die haben wir als Profis gern gemacht. Gestaltet wurde das großartig illustrierte Buch von der wort + !dee Netzwerkpartnerin Astrid Farthmann.

Geschichten zwischen den Rillen

Warum schreibt jemand überhaupt ein Buch über Waschbretter? Über meist schmucklose und ‚abgeschrappte‘ Dinger aus Blech mit Holzrahmen – ausrangiert, klapprig, nutzlos geworden, aus der Zeit gefallen oder kurz davor? Dieser Frage widmet sich auch der Herforder Kulturreferent Christoph Mörstedt im Vorwort zu dem außergewöhnlichen Bildband von Wolfgang Voss mit dem Titel „Waschbretter aus aller Welt“. Diese Frage beantwortet der Autor.

Wolfgang Voss ist Waschbrett-Musiker und unermüdlicher Sammler mit eigener Manufaktur in seinem Heimatort Bünde in Ostwestfalen. Seine Geschichten zwischen den Rillen begleiten die Fotoauswahl einer einzigartigen Sammlung auf 164 Seiten: 175 Exponate aus 30 Ländern und drei Jahrhunderten. Rund um den Globus gesammelt, lassen sie die Entwicklung eines vermeintlich unscheinbaren Haushaltsgegenstands lebendig werden, der auch im 21. Jahrhundert hoch spannend ist.

Wie ein roter Faden zieht sich dabei die Geschichte von Wolfgang Voss durch das Buch, im authentischen Wording und kreativen Freigeist. So, wie es ihm in mehr als 33 Jahren gelungen ist, seinen selbst erfundenen Beruf immer wieder neu zu gestalten.

Ausstellung im Buchformat

Eine solch Sammlung zusammenzutragen, zu betexten und in ein Buchformat zu bringen, braucht Energie und Geduld. Wolfgang Voss hat beides, wenn es um Waschbretter geht. Er nutzte die Pandemie für ein Projekt, das bereits im Laufe der Erstellung neue Impulse für weitere Projekte gab. Geplant ist unter anderem ein Stummfilm.

Aber bleiben wir erst einmal bei dem Buch und dem Autoren, in dessen Keller Waschbretter aus aller Herren Länder liegen, aus verschiedenen Epochen der Weltgeschichte und allen denkbaren Materialien: aus Blech und Holz, Glas und Stein, Porzellan und Kunststoff. Wolfgang Voss sammelt nicht nur; in seiner eigenen Manufaktur stellt er Musikwaschbretter her und restauriert Sammlerstücke. Als Waschbrett-Musiker sorgt er in diversen Bands für ‚Percussion‘ der besonderen Art. Er zeigt Schulkindern, wie sie selbst ein Instrument aus geriffelten Blechen bauen können, und lehrt, damit Musik zu machen. „So lernen die Kids, sich intensiv und geduldig einem Gegenstand zu widmen, wenn es auch nur ein Waschbrett ist“, sagt er.

Hauptberuflich Waschbrettist

„Als ich 1984 meine ersten musikalischen Erfahrungen auf dem Waschbrett sammelte, merkte ich, dass es gar nicht so leicht war, ein geeignetes Exemplar zu finden, auf dem ich ordentlich schrappen konnte und das sich zudem für einen Umbau eignete. Liebevoll frisierte ich mein erstes Waschbrett mit allerhand Percussion, um festzustellen, dass sich bereits nach kurzer Zeit feine Risse im Blech bemerkbar machten. Somit war die ganze Mühe umsonst und meine Suche fing von vorn an.“

Wolfgang Voss

Damals gab es keine Kolonialwarenläden mehr, in denen er fündig geworden wäre. Und so suchte der Musiker, der sich im Jahr 1988 entschieden hatte, hauptberuflich Waschbrettspieler zu werden, zunächst auf Flohmärken. Seine Sammelleidenschaft nahm ihren Lauf. Die skurrilen Formen, Materialien und die Geschichten zwischen den Rillen ließen ihn nicht mehr los.

Musikalische Waschbrett-Erfolge

Heute helfen ihm wachsame Waschbrett-Agenten bei seiner Suche nach brauchbarem Nachschub. Wie umfangreich, vielfältig und kreativ Waschbretter aussehen und genutzt werden können, zeigt Wolfgang Voss nun in seinem frisch gedruckten Bildband. Er verrät seinen Leser*innen selbstverständlich auch, wie aus dem Waschgerät ein Musikinstrument wurde. Und wann und wo er sein Publikum als überzeugter Waschbrettist begeistern konnte: in GOP Varieté-Theatern, Stummfilmen für die Bielefelder Friedrich Wilhelm Murnau-Gesellschaft (Die kleinen Strolche, Stan Laurel) oder 2018 als Finalist bei der Internationalen Blues Challenge in Memphis, USA, mit der Greyhounds Washboard Band.

Lesen Sie am besten selbst. Den von Grafik-Designerin Astrid Farthmann mit Liebe zum Detail und Professionalität gestalten Fotoband gibt es zum der Preis von 25,- Euro (plus 3,- Euro Versandkosten) direkt bei: www.waschbretter.de, Kontakt: waschbrett.voss@t-online.de

Fotos: Marlene Schulte-Körne, Astrid Farthmann