Die emotionale Verpackung

Erfolgsgeschichten werden nicht erfunden, sondern entdeckt. Jede Geschichte ist im Grunde schon da, sagt Erfolgsautor Steven King. Sie ist wie ein wertvoller Edelstein, der ausgegraben und fein geschliffen werden muss. Denn nur eine wahre Geschichte dient als roter Faden für eine gute Story. Und nur, wenn sie glaubhaft ist, taugt sie als Marketing-Instrument.

Ob wir eine Geschichte schreiben, um ein Produkt zu vermarkten oder Unternehmenswerte zu vermitteln: Eine gute Story erreicht nicht nur den Verstand, sondern vor allem das Herz. Indem wir die Leser/innen in eine vertraute Bilderwelt mitnehmen, aktivieren wir ihre Vorstellungskraft. Wir emotionalisieren den Inhalt (Content) und sorgen dafür, dass unsere Botschaften berühren und hängen bleiben. Mit einem spannenden Plot setzen wir selbst vermeintlich langweilige Produkte und trockenen Content in Szene und schaffen eine Verbindung zur Zielgruppe. Dann bekommen Fakten eine Seele und einen fühlbaren Nutzen. Dass Emotionen unser Wissen im Hirn verankern, haben Neurowissenschaftler längst bestätigt.

Kreative Beziehungspflege

So macht es keinen Unterschied, ob wir Posts für Soziale Medien scheiben, SEO optimierte Texte für die Homepage, spannenden Content für den Blog oder Texte für ein frisches Printmedium: Mit Storytelling gelingt es uns, Emotionen zu wecken, um einen Handlungsimpuls auszulösen. Die Story soll nicht nur überzeugen, sondern Orientierungshilfe geben und zu einer Entscheidung führen:

  • Welches Produkt erfüllt meine Bedürfnisse?
  • Bei welchem Dienstleister bin ich gut aufgehoben?
  • Welche Agentur kann mich am besten beraten?
  • Für welches Unternehmen möchte ich arbeiten?

Auch im Employer Branding ist Storytelling eine ebenso kreative wie geeignete Methode für erfolgreiches Beziehungsmanagement, um Nachwuchskräfte und Fachpersonal zu akquirieren, sich vom Wettbewerb abzuheben und Alleinstellungsmerkmale herauszustellen.

Die Identifikation ist der springende Punkt, wenn eine Geschichte funktionieren soll. Sie muss zum Produkt, zum Unternehmen und zur Zielgruppe passen. In einer fremden Bilderwelt fühlen wir uns keineswegs abgeholt, geschweige denn zu Hause.

Von Helden empfohlen

Jede Geschichte funktioniert Geschichte nach demselben Prinzip. Sie ist immer eine Heldenreise und besteht im Wesentlichen aus drei Merkmalen, die durch eine logische Handlungsfolge verknüpft sind:

  • Es gibt eine Ausgangslage, in der ein Protagonist (Kunde, Mitarbeiter, Geschäftspartner) ein Problem oder einen Konflikt hat.
  • Dann tritt ein Ereignis ein, das sie oder ihn zum Handeln animiert; auf dem Weg zum Ziel trifft dieser jedoch auf (scheinbar unlösbare) Hindernisse.
  • Es gilt, diese zu überwinden, sprich den Konflikt zu lösen. Nun zeigt sich, wer die oder der wahre Held/in ist, mit deren Hilfe der Protagonist in der Endsituation zum Sieger wird. Oder ob sie oder er sich möglicherweise selbst als Held/in entpuppt.

Diese Struktur in drei Akten lässt sich beliebig vertiefen, wichtig ist ein authentischer, nachvollziehbarer Aufbau. Stil, Länge und Textart sind abhängig von der Plattform, auf der wir die Story erzählen. In der Fachpresse oder der Firmenchronik liest sie sich selbstverständlich anders als in Sozialen Medien. Damit sie zur echten Erfolgsstory wird, folgt sie dem roten Faden eines stimmigen Multimedia-Marketingkonzeptes und deckt ein entsprechendes Gefühlsspektrum ab: Erleichterung, Zufriedenheit, Freude, Sicherheit und so weiter.

Mit diesen ‚positiven‘ Emotionen, die erfüllte Bedürfnisse kennzeichnen, gehen die Leser/innen in Resonanz, verknüpfen sie mit den Informationen und speichern sie als Erfahrung ab. Zu einem nachhaltigen Erlebnis werden solche Geschichten vor allem dann, wenn die Story hält, was sie verspricht.

Träume wahr werden lassen

Und weil wir Menschen geneigt sind, gute Erfahrungen zu teilen, werden solche Geschichten weitererzählt. Sie sind feinster Stoff für nachhaltiges Empfehlungsmarketing, wie eine unserer Lieblingsgeschichten aus der Rubrik ‚wahre Begebenheiten‘ zeigt. Eine Geschichte, die Alwine Heisterkamp immer wieder gern erzählt. Die Unternehmerin und branchenweit bekannte, einstige Bundesobermeisterin hat in ihrem Berufsleben hunderte von Brautkleidern wieder so ‚schön wie neu‘ gemacht. Je aufwändiger, umso besser. Daher wäre auch das Hochzeitskleid, in dem es in unserer Story geht, keine große Herausforderung gewesen, hätte die Braut es nicht bereits getragen, fix und fertig gestylt und auf dem Sprung in die Kirche.

Flankiert von ihrem Bräutigam und einer Abordnung der Hochzeitgesellschaft stürmt die junge Frau in den Betrieb. Die versierte Textilreinigerin sieht das Malheur sofort: Auf dem gesamten Vorderteil des bodenlangen Kleides ist rote Farbe verlaufen. Der Traum in Weiß scheint ruiniert! Die Meisterin führt die Braut zum Detachiertisch und zieht hier alle Register ihrer Handwerkskunst. Während die aufgelöste Braut von ihrem angehenden Ehemann gestützt und getröstet wird, entfernt die versierte Reinigerin die großflächige Verfärbung in fachkundiger Handarbeit. Der Heldin gelingt eine Meisterleistung – ein echtes Hochzeitswunder! Die Braut kann aufhören zu weinen und ist beseelt. Nun wird ‚ganz in Weiß‘ geheiratet.

Ganz in Weiß: Ein Happy End

Die Ursache für das Problem spielt in der Geschichte eine untergeordnete Rolle, ist zur Erklärung jedoch eine sinnvolle Ergänzung: Denn der Grund für das Desaster war eine rote Satinschleife im Brautstrauß, der am Tag zuvor in eine Vase mit Wasser gestellt worden war. Niemand ahnte, dass das eingefärbte Schleifenband die Feuchtigkeit aufsaugen und sich dadurch der Farbstoff lösen würde.

Als die Braut den Strauß aus der Vase nimmt und in den Händen hält, verteilt sich das intensive Rot auf dem Oberstoff, ehe sie es realisiert. Die erfahrene Textilreinigern, die sich mit der Entfernung hartnäckiger Farbstoffe auskennt, ist sich der Problematik durchaus bewusst. Sie bleibt jedoch besonnen und beruhigt die weinende Braut während der akrobatischen Behandlung: Das kriegen wir hin!

Die Expertin löst ihr Versprechen ein: Sie beseitigt den Fleck und wird zur Retterin in letzter Minute. Dass die Braut ihr Kleid nach der Hochzeit in die Reinigung ihres Vertrauens bringt, versteht sich von selbst. Darüber hinaus gewinnt der Textilpflegebetrieb jede Menge weitere neue Kundinnen und Kunden. Denn die Geschichte geht natürlich herum wie das berühmte Lauffeuer. Und wenn sie nicht geschehen wäre, hätten wir sie nicht erzählen können.

Fotos: Conny Wenk; pixabay