Ein Statement zum Jahresbeginn:

„Wie wunderbar ist es, dass niemand einen einzigen Moment warten muss, bevor er anfängt die Welt zu verbessern.“ 

 

Mit diesem Zitat von Anne Frank drückt Wolf-Dietrich Trenner, Vorstandsvorsitzender des Arbeitskreis Down-Syndrom Deutschland e. V. (AKDS), seine Idee von Selbsthilfe aus, mit Blick auf die Arbeit von Vereinen für Menschen mit Behinderungen. Ich greife sein Statement zum Jahresanfang auf. Weil ich von dem unermüdlichen Engagement des Bielefelder Vereins begeistert bin. Zudem bin ich davon überzeugt, das Worte nicht ins Leere gehen. Es bleibt immer etwas hängen, was die Welt ein wenig besser macht!

Informationsarbeit für Menschen mit Down-Syndrom

Im März 2020 hat wort + !dee die Redaktion der MITTEILUNGEN, dem Magazin des Vereins, sowie die Produktion der Fachbroschüren übernommen. Wir haben das Design aufgefrischt und die redaktionellen Inhalte belebt. Täglich versendet die Geschäftsstelle des AKDS in Bielefeld die Fachbroschüren, die der Verein Eltern, Angehörigen, Institutionen und Interessierten zur Verfügung stellt. Das Magazin des Arbeitskreises geht direkt an Mitglieder oder Förderer und wird in Arztpraxen sowie Beratungsstellen ausgelegt.


Gemeinsam mit dem Vorstand freuen wir uns über die erhöhte Aufmerksamkeit für die Publikationen, die sich nicht nur in Klicks zählen lässt, sondern die wir direkt an persönlichen Rückmeldungen und einer vermehrten Interaktion zwischen Mitgliedern und Fachleuten messen können.

Selbsthilfe für ein inklusives Leben

Der Arbeitskreis Down-Syndrom Deutschland e. V. ist 48 Jahre alt. „Ein beträchtliches Alter in der Landschaft der Selbsthilfe“, betont Wolf-Dietrich Trenner. „Die Idee der Zusammenschlüsse von Eltern für die Interessen ihrer besonderen Kinder ist nicht viel älter. Der älteste Selbsthilfeverein ist die Blindenselbsthilfe. Sie hat sich bereits nach dem 1. Weltkrieg um Belange der Kriegsblinden gekümmert. Der spezielle Verein der Kriegsblinden löst sich in dieser Zeit auf. Wollen wir hoffen, dass das nicht voreilig ist, angesichts der Lage in der Welt.“

Gut zu wissen, worum es geht!

Zur Erfolgsbilanz des letzten Jahres sagt er: „Im vergangenen Jahr haben wir über 100 werdenden Eltern helfen können bei der Einschätzung dessen, was mit der Geburt eines Kindes mit Down-Syndrom auf sie zukommen kann. Zunehmend haben wir uns mit den gesundheitlichen Problemen von Menschen mit Down-Syndrom befassen müssen, denn der Zugang zu unserem Gesundheitssystem, zur Behandlung als gesetzlich Versicherte, ist nicht immer einfach. Vielen professionell Betreuenden fehlt dafür Zeit und Qualifikation, manche Eltern fühlen sich überfordert, manchmal auch wegen des eigenen Alters oder der Erschöpfung aus vorangegangener Sorge. Da war es dann gelegentlich gut, einen Verband von Menschen im Rücken zu haben, die genau wissen, worum es geht.“

Fundiertes Wissen und echte Erfahrungen

Menschen zu Wort kommen zu lassen, die wissen, worum es geht, ist die Grundlage wirkungsvoller redaktioneller Arbeit. Wenn wir nicht nur über Inklusion reden, sondern das Thema ernst nehmen und eine ‚menschliche‘ Zukunft gestalten wollen, braucht es den direkten Kontakt, persönliche Gespräche und einen echten Erfahrungsaustausch mit Betroffenen und Expert:innen. Das schafft KI bisher nicht, auch wenn sie eine Menge theoretischen Stoff zum Thema Inklusion bietet.
Fakt ist, dass sich unsere Gesellschaft nicht nur in einem digitalen und politischen Wandel befindet, der eine hohe Wachsamkeit erfordert. Wenn es wirtschaftlich eng wird und Geld knapp wird, verschwinden Menschen mit Förderungsbedarf schnell wieder aus dem Fokus. Das weiß auch Wolf-Dietrich Trenner aus langer Erfahrung.

Selbsthilfe ist auch Lobbyarbeit

Fakt ist auch: Noch nie waren in den Medien so viele Menschen mit Trisomie 21 zu sehen, als Image- und Werbeträger, in Filmen oder im Theater. Diese Entwicklung ist erfreulich, schafft Akzeptanz und positive Bilder von Menschen mit Behinderungen. Gleichwohl gibt es eine Menge realer Probleme, die hinter diesen Bildern leicht verschwinden. Dazu gehört die Sorge zahlreicher Eltern, die sich um die Pflege- und Wohnsituation ihrer erwachsenen und älter werdenden Kinder Sorgen machen: ‚Was wird mit unseren Kindern, wenn wir alt sind? Wo werden sie wohnen und wer wird sie pflegen?‘ Solche Fragen bewegen zahlreiche Mitglieder und die Anfragen an den AKDS häufen sich:

Wolf-Dietrich Trenner
Wolf-Dietrich Trenner

„Leider kommt es inzwischen immer öfter vor, dass den Menschen mit Down-Syndrom bei zunehmendem Alter der Vertrag für ihre Wohngruppe oder Einrichtung vom Träger gekündigt wird. Grund ist zunehmender Aufwand für die Pflege älter werdender Menschen bei gleichzeitig abnehmendem Personalbestand. Wohin sollen Menschen mit Down-Syndrom mit 50 Jahren und älter denn dann gehen? Die Eltern haben sich oft auf die gewählte Unterbringung verlassen, sie sicher geglaubt“, berichtet Wolf-Dietrich Trenner.

Konkrete Selbsthilfe statt blanker Theorie

„Gerade ist die Aufregung in der Politik groß, fast niemand hat Zeit für unsere Kinder, für Menschen mit Down-Syndrom jeden Alters“, betont er und erinnert an den Artikel 3 des Grundgesetzes. ‚Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden‘. Sich allein auf eine noch theoretischere Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen verlassen zu wollen, sei nicht erfolgversprechend. „Da ist es gut, eine weitgehend funktionierende Verwaltung, oft als Bürokratie kritisiert, in Deutschland zu haben. Vieles funktioniert auch ohne politische Einflussnahme, weil bei uns Gesetze eben einfach erst einmal gelten“, so der AKDS-Vorstandsvorsitzende, der nicht nur zur Selbsthilfe aufruft, sondern persönlich in den relevanten politischen Gremien in Berlin Lobbyarbeit betreibt. Als Vater einer erwachsenen Tochter mit einem hohen Pflegebedarf weiß er, wovon er redet. Als Appell zum Jahresanfang zitiert er Frida Kahlo:

„Am Ende, so glaube ich, müssen wir nichts tun, um geliebt zu werden … Ja, ich glaube wirklich, dass es wichtig ist, unsere Unvollkommenheiten zu bewahren. Sie sind kostbar, denn sie ermöglichen es denen, die uns mit dem Herzen sehen, uns wahrhaftig zu verstehen.“ 

 

Wir sind dabei, mit ganzem Herzen und Kommunikationsknowhow – auch in Leichter Sprache: Damit es alle verstehen!

Weitere Infos: www.down-syndrom.org

Fotos: SewcreamStudio/Adobe Stock; Grafik-Desigen Broschüren: Astrid Farthmann