„Sie kennen ja meine Lieblingsstory“, sagt Alwine Heisterkamp im Interview für die Fachzeitschrift R+WTextilservice auf meine Frage nach ihren Highlights im Leben als Textilreiniger-Meisterin und Frontfrau der Branche. „Das verunglückte Brautkleid, das war so ein Moment“, sagt Alwine Heisterkamp, ebenfalls zur Liebe ihres Lebens ‚ja‘ sagte und damit den Grundstein für ein heute florierendes Familienunternehmen legte.

Die versierte Textilreinigerin, die im Jahr 1977 gemeinsam mit ihrem Ehemann Hermann Heisterkamp die Tip-Top-Textilpflege in Bocholt gründete, hatte bereits unzählige Brautkleider aufbereitet und blütenweiß strahlen lassen. Das wäre auch bei dem besagten Kleid kein Problem gewesen, hätte die Braut es nicht bereits angehabt, perfekt frisiert und geschminkt und auf dem Sprung in die Kirche.

Alwine Heisterkamp schmunzelt und erinnert sich, wie die junge Braut in den Betrieb stürmte, flankiert von ihrem Bräutigam und einer Schar aufgeregter Verwandter. „Ich sah das Malheur sofort: Auf dem gesamten Vorderteil des bodenlangen Traumkleides war rote Farbe verlaufen. Und ich dachte: Das Kleid ist völlig ruiniert!“ Doch die Meisterin zieht alle Register ihrer Handwerkskunst. Sie bittet die Kundin, sich so gut es geht auf den Detachiertisch zu legen. Während diese von einem nervösen Bräutigam gestützt wird, gelingt es der Expertin, die großflächige Verfärbung zu beseitigen. Die Braut kann aufhören zu weinen und ist beseelt.

Ein Hochzeitswunder!

Die Ursache für das Desaster war eine rote Satinschleife im Brautstrauß, der vorsorglich am Tag zuvor in eine Vase mit Wasser gestellt worden war. Niemand hatte geahnt, dass das eingefärbte Schleifenband die Feuchtigkeit aufsaugen und sich dadurch der Farbstoff lösen würde. Als die Braut den Strauß schließlich in den Händen hielt, verteilte sich das intensive Rot auf dem Oberstoff, ehe sie es realisierte.

Die Braut weinte während der gesamten Reinigungsbehandlung, erinnert sich Alwine Heisterkamp. So souverän wie möglich habe sie nicht nur ihrer Kundin, sondern auch sich selbst immer wieder versichert: ‚Das kriegen wir hin!‘ Sie konnte ihr Versprechen einlösen.

Das Happy End:

Die Braut brachte ihr Kleid nach der Hochzeit selbstverständlich in die Reinigung ihres Vertrauens und ein Großteil der Hochzeitsgesellschaft zählt bis heute zur Stammkundschaft. Das sei im Grunde schon das Geheimnis: „Vertrauen schaffen und Wort halten, im eigenen Unternehmen, im Ehrenamt und vor allem in der Familie. Abgesehen davon, dass wir unser Handwerk beherrschen sollten.“

Die Liebe zu ihrem Handwerk zieht sich wie ein roter Faden durch das Leben von Alwine Heisterkamp, die im Jahr 2004 zur Vorsitzenden der Obermeistertagung gewählt wird. Die Fachpresse machte kurzerhand die erste ‚Bundesobermeisterin‘ ihrer Zunft daraus. Alwine Heisterkamp war einverstanden. Sie nahm ihren Auftrag wie immer sehr ernst, vor allem aber mit Herz und Humor. Was sie für die Branche getan hat, vor allem aber für ihre Familie, die stets den aller höchsten Stellenwert hatte, erzählt sie im Interview.

Foto: privat